Handbuch der Braillenotenschrift
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XVII. Saiteninstrumente

 


A. Allgemeine Zeichen


17.1

Für die Übertragung von Noten für Saiteninstrumente bleiben alle vorangehend beschriebenen Zeichen gültig.


17.2

Da der Schwarzdruck keine allgemein gültige Schreibweise für Saiten, Lagen, Barrés, Flageoletts und andere Angaben kennt, muss der Übertrager über gründliche Kenntnisse der Saiteninstrumente verfügen und, wenn möglich, selbst eines spielen.


17.3

Einige Länder verwenden Schlüsselzeichen als Präfix für jede Art von Instrumentalnoten. Schlüsselzeichen bestimmen die Leserichtung von Intervallen. Im C-Schlüssel wird eine Bratschenstimme von oben nach unten gelesen, eine Stimme für Cello oder Kontrabass jedoch von unten nach oben. Wird das Schlüsselzeichen weggelassen, muss eine Erläuterung zur Leserichtung beigefügt werden. Die in Beispiel 17.3 verwendete Darstellungsform kann dabei hilfreich sein.

Beispiel 17.3

4\ :: 42@5

17.4

Der Violinschlüssel mit kleiner «8» darunter, manchmal für Zupfinstrumente benutzt, zeigt an, dass die Noten eine Oktave tiefer klingen, als der Schwarzdruck angibt. Sie werden jedoch in der Tonhöhe des Schwarzdrucks übertragen.


Zeichen von Tabelle 17A


17.5

Im Schwarzdruck sind die Saiten mit römischen oder arabischen Zahlen oder mit Buchstaben angegeben. Eine Notiz muss über die im Schwarzdruck verwendeten typographischen Zeichen informieren. Erscheinen Wort-Buchstaben-Kombinationen wie «sul G», müssen diese wie im Schwarzdruck übertragen werden.


17.6

Für die auf ein Saitenzeichen folgende Note ist kein Oktavzeichen nötig.


17.7

Weitergeltungslinien des Schwarzdrucks für Saiten werden mit Hilfe des Verdoppelungsverfahrens wiedergegeben. Dabei wird in Punktschrift nur das zweite Zeichen der Saitenangabe verdoppelt.

Beispiel 17.7

          $C
#A 3,!4567 83LL9W4 54W9
  !8763L5 Y2K
Abb. b1707

Zeichen von Tabelle 17B


17.8

Lagen- oder Bundzeichen stehen meistens nach den Saitenzeichen und stehen vor den Richtungsangaben für Bogenführung oder Plektrum. Man verwendet dieselben Zeichen für Lagenangaben bei Instrumenten mit glattem Griffbrett und als Bundangabe für Instrumente mit Bünden.


17.9

Im Schwarzdruck sind Lagen- oder Bundzeichen üblicherweise mit römischen oder arabischen Zahlen angegeben. Eine Erläuterung muss über die im Schwarzdruck gewählte Form informieren.


17.10

Die auf ein Lagen- oder Bundzeichen folgende Note muss ein Oktavzeichen erhalten.


17.11

Eine auf ein Lagenzeichen folgende Weitergeltungslinie wird mit zweimaligem Punkt 3 .. angegeben. Das Zeichen für Ende einer Weitergeltungslinie @. folgt auf die letzte davon betroffene Note, wird jedoch nicht verwendet, wenn unmittelbar darauf ein anderes Lagenzeichen folgt.

Beispiel 17.11

          33#D/
  @*..<ZFGF Z$IGFZ!I@@!GF!
ZI@0$EF%I@*<EF2K
Abb. b1711

17.12

Fingersätze für Streich- oder Zupfinstrumente sind in Kapitel VIII B beschrieben. Dort finden sich auch Beispiele dazu.


17.13

Schräge Linien für Lagen- resp. Bundwechsel sind häufig in Gitarrenstücken, seltener in Stücken für Streichinstrumente zu finden. Im Schwarzdruck sowie in Punktschrift sehen sie einem Glissando ähnlich, zeigen aber einen Lagen- oder Bundwechsel an, solange das Wort oder die Abkürzung für «Glissando» nicht ausdrücklich vermerkt ist. Das Zeichen steht zwischen den betreffenden Noten. Erscheint im Schwarzdruck das Wort «Glissando» oder dessen Abkürzung, muss dies auch in der Brailleübertragung erscheinen.


17.14

Falls dazwischenliegende Noten vorkommen, kann es notwendig werden, Anfang und Ende des Wechsels mit den oben beschriebenen Zeichen anzugeben. Es sollen nach Möglichkeit immer die vereinbarten Zeichen verwendet werden. Beispiel a) zeigt den Wechsel mit üblichen Zeichen, und b) illustriert die Notwendigkeit sowie den Gebrauch von Anfangs- und Endzeichen.

Beispiel 17.14

a)

       #C/
$9,"A8.,G2@V!592K
Abb. b1714a

 

b)

          #D3#I(
$JHF<D,"A.$HF'"A<E,"A.$HF L
'"A<F,$HF<F$HF<6.2K
Abb. b1714b

17.15

Das Glissandozeichen folgt auf die erste der beiden betroffenen Noten. In Verbindung mit einem Bindebogen steht das Bindebogenzeichen vor dem Glissandozeichen. Steht im Schwarzdruck das Wort Glissando oder seine Abkürzung, muss es in Punktschrift ebenfalls erscheinen.


Zeichen von Tabelle 17D


17.16

Natürliche und künstliche Flageolett-Töne sind im Schwarzdruck durch die Form der Notenköpfe gekennzeichnet. Das Punktschriftzeichen für künstliches Flageolett wird bei rautenförmigen Notenköpfen verwendet, das Zeichen für natürliches Flageolett dann, wenn über einer runden Note, die keiner Leersaite entspricht, eine Null steht.


17.17

Das Zeichen für natürliches Flageolett folgt auf die Note; jenes für künstliches Flageolett steht vor der Note, lediglich durch ein Oktavzeichen und/oder ein Versetzungszeichen von ihr getrennt. Wörter oder Abkürzungen wie etwa «art. arm.» müssen stets als Worttext übertragen werden.


17.18

Ist ein Fingersatz vermerkt, steht er in Braille vor dem Zeichen für natürliches Flageolett.

Beispiel 17.18

$^,K2K
Abb. b1718

17.19

Die Zeichen für künstliches und natürliches Flageolett können bei einer Folge von mehr als drei Noten oder Intervallen verdoppelt werden. Das Zeichen für künstliches Flageolett wird wie folgt verdoppelt: 1L1L.


17.20

Die drei nachfolgenden Beispiele illustrieren Flageoletts und andere Besonderheiten in Noten für Saiteninstrumente. In Beispiel 17.20, für Gitarre, verdeutlicht eine eckige Klammer unter der Abkürzung «Harm.», welche Noten als Flageolett-Töne gespielt werden sollen. In Punktschrift wird die Weitergeltungslinie verwendet. Eine weitere Klammer unter der römischen Zahl verdeutlicht, dass die Finger in der dritten Lage bleiben müssen, deshalb wird eine zweite Weitergeltungslinie benötigt. Die eingekreisten arabischen Zahlen geben die Saiten an.

Beispiel 17.20

          #C/
3A@HARM..@0--$W,3B7L!8K
  5K3;_6B@-@.3A$8,2K
Abb. b1720

17.21

In Beispiel 17.21 erscheinen im Schwarzdruck zusätzlich zur Abkürzung rautenförmige Notenköpfe. Deshalb wird nebst der Abkürzung und ihrer Weitergeltungslinie das Zeichen für künstliches Flageolett verwendet. In diesem Gitarrenbeispiel stehen im Schwarzdruck umkreiste Buchstaben zur Bezeichnung der Saiten, z.B. G, H und E. Hier ist Erfahrung mit Saiteninstrumenten unerlässlich: Der Übertrager muss wissen, dass G auf der Gitarre die dritte Saite ist, auf der Geige die vierte, auf der Bratsche die dritte usw. Das Zeichen für spezielle Taktstriche L ist bei komplizierten Stücken für Saiteninstrumente eventuell hilfreich.

Beispiel 17.21

             3#B/
!]K@HARM..3L1L1L$HF3BJ!
$[<F$J3L$D L ;<F@RALL.3B$F3LD!
3A1L$9A2L@.2K
Abb. b1721

17.22

In Beispiel 17.22 stehen die Abkürzung «arm.» und das Zeichen für zwölften Bund sowohl im Schwarzdruck wie in Punktschrift, um den Flageolett-Ton anzugeben. Fingersatz-, Saiten- und Bundzeichen sind alle mit arabischen Zahlen angegeben, so dass wiederum ausreichende Kenntnis der Saiteninstrumente unerlässlich ist, um die Bedeutung jeder Zahl zu bestimmen.

Beispiel 17.22

           #E/
  3,,<B!IAJL4,JLIAJA3KHB!
3;@ARM.@-*!6>;2K
Abb. b1722

17.23

Wenn die Resultanten des natürlichen oder künstlichen Flageoletts im Schwarzdruck angegeben sind, stehen sie in Form von kleingedruckten Noten nach einem Stimmenzeichen. Werden zwei künstliche Flageoletts als Akkord geschrieben, ist es vorteilhaft, sie durch Stimmenzeichen zu trennen, denn die rautenförmigen Noten klingen anders, als sie notiert werden. Die resultierenden Töne jedoch dürfen als Akkorde geschrieben werden.

Beispiel 17.23

@\L.1L!^#2@1L3!Y02@'?<&302K
Abb. b1723

 


B. Streichinstrumente


Weitere Zeichen von Tabelle 17D


17.24

Zeichen, die die Richtung der Bogen- oder Plektrumführung angeben, folgen üblicherweise den Saiten- oder Lagenzeichen. Sie können verdoppelt werden. Wird der Phrasierungsbogen <B verwendet, steht er üblicherweise vor diesen Zeichen.

Beispiel 17.24

           33#B/
V2L<B2.;!%HG;&GH ^>;M2B$(IC!
$Z,KM2.ELC2K
Abb. b1724

17.25

Auf einem Streichinstrument können Drei- oder Vierklänge gespielt werden, indem die oberen oder unteren zwei Noten des Akkords länger als die anderen gehalten werden. Enthält ein Akkord Noten von unterschiedlichem Wert, sind sie, wo nötig, mit Stimmenzeichen zu schreiben.

Beispiel 17.25

@\L<Q$0!,!5*!V$KV2L2K
Abb. b1725

17.26

Wird im Schwarzdruck angegeben, dass die linke Hand pizzicato spielen soll (meist mit einem Pluszeichen), steht das übliche Zeichen für linke Hand vor allen so markierten Noten. Dieses Zeichen kann verdoppelt werden. Beispiel 17.26 zeigt Noten für Violine.

Beispiel 17.26

            3#F(
  @\L_@$[_@$G_@$F(E_@$D_@!J!
_@!^(H_@!G_@!F_@!E(D
_@_]_@_^(!Z_@_@!Y]^_@_HX!J2K
Abb. b1726

17.27

Für Partituren mit Streichinstrumenten siehe Beispiele 20.9 bis 20.11.

 


C. Zupfinstrumente


Zeichen von Tabelle 17C


17.28

Barrés werden im Schwarzdruck auf zwei verschiedene Arten notiert:

  1. über dem Fünfliniensystem mit Grossbuchstaben, die, allein oder kombiniert mit Zahlen oder Brüchen, angeben, ob grosses oder kleines Barré gemeint ist;
  2. im Fünfliniensystem mit senkrecht stehenden Klammern vor den Noten oder Akkorden.

Bei 1. muss eine Notiz die Schreibweise des Schwarzdrucks erklären. Bei 2. zeigt das Braillezeichen an, dass im Schwarzdruck das Barré durch eine vertikale Klammer wiedergegeben wird.


17.29

Grosse Barrés werden üblicherweise über dem Fünfliniensystem mit «C» oder «B» angegeben, kleine Barrés mit durchstrichenem C oder B, ½C, ½B, PB, MC, MB usw.


17.30

Barrézeichen stehen unmittelbar vor den Bundzeichen. Auf letztere muss ein Oktavzeichen folgen.


17.31

Beispiel 17.31 zeigt ein grosses Barré, gefolgt von den römischen Zahlen für fünfte Lage bzw. Bund und einer Weitergeltungslinie, deren Ende auf das nächste Barré mit römischer Zahl für dritte Lage/Bund fällt. Daher wird das Ende der Weitergeltungslinie in der Übertragung nicht angegeben.

Beispiel 17.31

          2#C(
  _@*..$]BCD,JCI_@0$HCG2@
!HIJ2K
Abb. b1731

17.32

Beispiel 17.32 zeigt ein kleines Barré und das Ende seiner Weitergeltungslinie.

Beispiel 17.32

         2#C/
@D>@\..3$70)!D$G0)=@.2K
Abb. b1732

17.33

In Beispiel 17.33 zeigt der Schwarzdruck ein Barré mit senkrechter Klammer über das ganze Fünfliniensystem hinweg. Damit wird deutlich, dass das Barré sich über die Anfangsnoten beider Stimmen erstreckt. In Punktschrift erscheint es deshalb zu Beginn jeder Stimme.

Beispiel 17.33

         2#D/
  "@0X$Z&LG,IL3DE,XE2@
"@_8VV3K!7B2K
Abb. b1733

17.34

Steht nach dem Barrézeichen kein Bundsymbol, folgen ihm in Braille die Punkte 3·4·5 (der erste Teil eines Bundzeichens). Dies wird in Beispiel 17.34 dargelegt.

Beispiel 17.34

        3#B/
$6."@$G2@!8"@!92@!N2K
Abb. b1734

Zeichen von Tabelle 17D


Zeichen von Tabelle 11


17.35

In einigen Gitarrenausgaben ist das Schwarzdrucksymbol für «Abwärtsschlag» ein aufwärts gerichteter Pfeil und dasjenige für «Aufwärtsschlag» ein abwärts gerichteter Pfeil (streicht die Hand abwärts über die Saiten, erklingen diese von der tiefsten zur höchsten). In anderen Editionen bedeutet ein im Schwarzdruck aufwärts gerichteter Pfeil «Aufwärtsschlag» und ein abwärts gerichteter Pfeil «Abwärtsschlag». In der Übertragung muss deshalb eine Notiz die Zeichen des Schwarzdrucks erklären.


17.36

Für Rasgueado (spezielle Technik für rasches Anschlagen von Akkorden in Auf- und Abwärtsrichtung) müssen Arpeggiozeichen statt der «Schlag»-Zeichen verwendet werden. Für den aufwärts deutenden Pfeil wird das Zeichen @K verwendet, für den abwärts deutenden das Zeichen @KK. Zeigen die Pfeile in beide Richtungen, werden dem Schwarzdruck entsprechend beide Zeichen benutzt. Das Wort Rasgueado oder dessen Abkürzung soll wie im Schwarzdruck übernommen werden.

Beispiel 17.36

             #C/
@K$60)-0V@RASQ.@K_?.!YFH$DF2K
Abb. b1736

17.37

Ist Golpe (Klopfen) angegeben, wird das Wort oder dessen Abkürzung wie im Schwarzdruck übertragen. Fällt es auf eine Pause, stehen Wort oder Abkürzung vor der Pause. Ansonsten folgt die Punktschrift der jeweiligen Stellung im Schwarzdruck, vor oder nach einer Note, einem «Rasgueado» oder anderem.

Beispiel 17.37

            #C(
  @KK$F0)-0@G.X@G.X
@RASQ.@K_?.!NPR$NP@G.X@G.X2K
Abb. b1737

17.38

Ein Bindebogen, der nicht auf einer Note endet, <C, muss vom Übertrager sorgfältig identifiziert werden. Beispiel 17.38 zeigt ein Gitarrenstück im Bassschlüssel mit aufwärts zu lesenden Intervallen. Der erfahrene Übertrager erkennt, dass hier der erste Bogen nicht auf einer Note endet und dass der Intervallton nicht zur halben Note gebunden wird. Das Zeichen <C folgt auf beide Noten des Akkordes. Hat ein Bindebogen die Bedeutung einer Verzierung auf der Gitarre, kann ebenfalls dieses spezielle Bogenzeichen verwendet werden.

Beispiel 17.38

          22#C/
@#L>8<C*<C_O2@_T. >8<C*<C!
  _5<C>5C2@_T.2K
Abb. b1738

17.39

Gitarrenfingersätze für die rechte Hand sind in Kapitel VIII, Teil B 2, angegeben. Siehe Zeichen von Tabelle 8B und Abschnitte 8.10 und 8.11


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